Welches Öl für welchen Typ?

Einige Fette sind ein sehr guter Schutz vor vorzeitigem Altern.

Zu Pfingsten 2013 wanderte ich mit zwei befreundeten Gynäkologen und bekannten Anti-Aging Medizinern durchs Weinviertel von Niederösterreich. Wir wollten im Schloss des Malers Hermann Nitsch seinem berühmten Pfingstspektakel beiwohnen. Unterwegs kehrten wir bei einem Heurigen ein, wo zum lokalen Wein Deftiges geboten wurde. Mit dem Grünen Veltliner bestellten die beiden Mediziner Schweinbauch. Ich war ziemlich entsetzt über diese Wahl und bestellte mir ein Brot mit Frischkäseaufstrich.

Die beiden verzehrten ihren fetten Speck mit offensichtlichem Hochgenuss und hielten mir dabei ein Referat über die wissenschaftlich belegte antioxydative Wirkung von Schweinefett. Mit dieser Auffassung sind die beiden wahrlich nicht allein. „The Big Fat Surprise“ heißt das neuste Besteller-Sachbuch in den USA, frei übersetzt „Die große Fett-Überraschung“, in dem die Autorin Nina Teicholz aufzeigt, dass Nahrungsmittel, die reich an gesättigten Fettsäuren sind, nicht nur nicht schädlich für unsere Herzen sind, sondern auch gut für die Gesundheit. Sie beschreibt, wie sich die Verteufelung von Fett in den vergangenen Jahrzehnten halten konnte und die Ernährungsweise in der entwickelten Welt bestimmen konnte. Jetzt zerbröseln die bisher als unumstößlichen geltenden Säulen der herkömmlichen Ernährungswissenschaft. Das schafft Platz für neues Denken und die Emanzipation der Esserinnen und Esser. Ayurveda sieht das Thema Fett sehr differenziert, nämlich auf die gegenwärtigen Bedürfnisse des Individuums sowie seiner genetischen Grundstruktur, dem ayurvedischen Konstitutionstypus, angepasst.

Wenn ich Empfehlungen für tierische Fette abgebe, dann bezogen auf die Wirkung auf den menschlichen Organismus und die Lebensgewohnheiten. Der berühmte indische Arzt Caraka meinte dazu, wenn ein Arzt Fleisch oder tierische Produkte verschreiben muss, der energetisch karmische Effekt für den Esser und nicht den Arzt wirksam wird. Auf der Ebene der Zellstrukturen zeigen tierische Produkte wie Fette zwar eine unvergleichlich stärker aufbauende Wirkung als pflanzliche. Im feinstofflichen Bereich bewirken Fleischprodukte jedoch eine Zunahme der psychopathogenen Faktoren Rajas und Tamas. Dies umso mehr, wenn wir die unwürdigen Lebensumstände der heutigen Tierfabriken mit einbeziehen. Es ist in jedem Fall abzuwägen, ob der gesundheitliche Nutzen einen möglichen negativen psychopathologischen Effekt wettmacht. Leicht verliert man im Ernährungsempfehlungsdschungel die Übersicht. Alte Dogmen werden über Bord geworfen und neue kreiert. Jede und jeder möchte seine jeweilige Ernährungsweise als die letzte Wahrheit verstanden wissen. Veganer, Vegetarier, Flexitarier, Jäger und Sammler oder Anhänger der guten alten Hausmannskost – sie alle liefern dafür scheinbar einleuchtende Thesen. Die Wahrheit liegt nicht irgendwo dazwischen, sondern in den Praxen und Kliniken dieser Welt. Was ich über vier Jahrzehnte feststellen konnte, ist, dass jede Form von einseitiger oder unpassender Ernährung zu Krankheit führen kann. Ich habe Veganer mit massiv erhöhten Cholesterinwerten, Leberzirrhose oder Herzinfarkt und Hundertjährige, die gern und regelmäßig ein Schnitzel verzehren. Im momentanen Chaos um Fette schälen sich langsam einige Thesen heraus, die eine gewisse Allgemeingültigkeit haben. Die Wissenschaft kennt die molekulare Struktur von Fetten aufs Genauste, die Wechselwirkung mit dem individuellen Stoffwechsel aber kaum. Auch hier punktet Ayurveda mit seinem Konzept, das den Zustand des Essers, d.h. seine momentane Stoffwechselsituation sowie der Grundkonstitution mehr gewichtet als die Nahrungsmittel. Wenn wir dieses Wissen nun kombinieren mit den etablierten Foodfacts, dann sind folgende Empfehlungen ideale Wegbereiter: In der Labormedizin kann die Fettsäurenzusammensetzung im Blut gemessen werden. Um die Entzündungsbereitschaft des Körpers tief zu halten, sollte das Verhältnis von Omega 6 zu Omega 3 Fettsäuren idealer Weise 5 betragen. Heute sind wir durch die industriell verarbeitete Nahrung mit Omega 6 überversorgt, was zu entzündlichen Erkrankungen sowie schnellen Alterungsprozessen der Zellstrukturen (Dhatu) führen kann. Die sogenannte Hintergrundinflammation (SI = Silent Inflammation) wird als Auslöser von chronischen entzündlichen Prozessen wie Rheuma, Parkinson oder Autoimmunerkrankungen betrachtet.

Die Tabelle X zeigt die Fettsäurenzusammensetzung der meisten gebräuchlichen Fette und Öle. Deshalb dürfen Omega-3-haltige Fette und Öle in der täglichen Ernährung nicht fehlen. Das Rapsöl zeigt sehr hohe Omega-3-Werte, enthält aber in den Natur belassenen Arten die kardiotoxische Erucasäure. Spezielle Züchtungen (Genmanipulation) oder Extraktionsverfahren konnten diesen Bestandteil reduzieren. In jedem Fall ist hier Vorsicht geboten. In der täglichen Nahrung sollten 1/3 oder besser nur ¼ des gesamten Fettkonsums aus gesättigten Fettsäuren bestehen (siehe Tabelle). Der empfohlene tägliche Fettkonsum hängt von Geschlecht, Körpergewicht, Aktivität und Alter ab. Für eine 35-jährige, 165 cm große Frau mit mittlerem Körperumfang – aus ayurvedischer Sicht eine Pitta Frau -, die täglich etwas Sport macht oder sich bewegt, genügen 65 g Fett (6,5 Eßlöffel Öl). Ein 35-jährige Mann, 175 cm groß, mittlerer Körperumfang – auch hier eine Pitta Konstitution – braucht 80 g Gesamtfett (8 Eßlöffel Öl) pro Tag.1 Wenn wir diese Beispiele auf die anderen Konstitutionen anwenden, dann heißt das: VataTypen sollten deutlich mehr Fette einnehmen, gefolgt von den Vatapitta- und aktiven Vatakapha-Typen, die täglich Sport betreiben. Den Fettkonsum deutlich reduzieren müssen reine Kapha-Typen, etwas weniger die „faulen“ Vatakapha- und generell die Pittakapha-Leute.

Die Tridosha-Konstitutionen können sich bei den Pitta-Typen orientieren. Das Cholesterin wird durch den bisher erwähnten Umgang mit Fetten sicher nicht aus der Norm fallen. Problematisch sind Convenience Food (vorgefertigte Nahrung), Medikamente wie Blutdrucksenker, Antidepressiva oder bestehende Risikofaktoren wie Herzinfarkt, Hirninfarkt, Diabetes, Thrombosen und andere. Ein erblich bedingtes erhöhtes Cholesterin stufe ich nicht als Risiko ein. In Kerala sagt man, Kokosnussöl erhöhe das Cholesterin nicht und in Nordindien behauptet man dasselbe von Ghee. Beides stimmt natürlich nicht. Ein zu langer, hoher Verbrauch auch der angeblich gesündesten Öle wird das Cholesterin sicher in die Höhe treiben. In den ayurvedischen Klassikern wird zwar ein Loblied auf Ghee (Butterschmalz) angestimmt – es wird aber immer darauf hingewiesen, dass Ghee Kapha und Fettgewebe vermehrt. Das hört sich zum Beispiel so an: „Ghee aus Kuhmilch verbessert das Gedächtnis, den Intellekt, 1 University of Maryland Medical System den Stoffwechsel, Potenz und Fruchtbarkeit, Immunität, Kapha und Fettgewebe. Butterschmalz heilt psychische Erkrankungen verursacht durch einen Überschuss von Vata, Pitta und Kapha (wie Neurosen, Psychosen, Depression, Epilepsie etc.), Auszehrung, Toxizität (deshalb in ayurvedischen Detoxbehandlungen wichtig) und körperliche wie psychische Trauma. Es verstärkt die Sehkraft, Verdauung und körperliche Kraft.“2 Ghee ist aus dieser Sicht ein sehr wertvolles Nahrungsmittel und wird deshalb auch das Gold des Ayurveda genannt, wobei dabei meiner Meinung nach der Nutzen in der Pharmazie gemeint ist. Ghee mit seinem Gehalt an Buttersäure, die in der Pharmazie als niedere Fettsäure (weil nur 4-C-Atome) bezeichnet wird, deshalb die Bluthirnschranke besser überwinden kann und zu Stärkung des ZNS eingesetzt wird, ist sicher ein äußerst wertvolles Nahrungsmittel. Butter besitzt ähnliche Eigenschaften wie Ghee, gilt im Ayurveda aber als stärker Kapha und Fett vermehrend. Zusammenfassend und aus der Tabelle klar ersichtlich ist, dass sich die empfehlenswertesten Fette und Öle sowohl aus ayurvedischer und aktueller ernährungswissenschaftlicher Sicht decken. Ayurveda sagt, unter allen tierischen Fetten ist Ghee das Beste und unter allen pflanzlichen Fetten ist Sesamöl das Beste.

Zu den in größeren Mengen tägliche nutzbaren Ölen empfehle ich sicher an erster Stelle Olivenöl, gefolgt von Sonnenblumen- und Hanföl. Regelmäßig kleiner Mengen (1 bis 2 Eßlöffel/Tag) reihe ich dazu Leinöl, Walnussöl und Weizenkeimöl. Alle diese Öle sollten idealerweise aus der Region stammen und in möglichst kleinen Mengen eingekauft werden, damit sie frisch bleiben. Ich empfehle unbedingt, dass Öle nur in dunklen Glasflaschen gekauft und gelagert werden sollten. Öle sind wunderbare Lösungsmittel und sie lösen deshalb auch Weichmacher und andere toxische Substanzen aus Verpackungsmaterial. Caraka sagt: „Investiere in frische Öle, das ist der beste Schutz gegen Erkrankungen und frühes Altern.“

Tabelle: Fettsäure Zusammensetzung in Fetten und Ölen in %[1]

 

 

Gesättigte

Fettsäuren

Einfach ungesättigte

Fettsäuren

Omega 6

Omega 3

Verhältnis

Om6:Om3

Sonstige

Butter

64

30

 

6

 

 

Butterschmalz

Ghee

70

29

 

4-5

 

 

Distelöl

6

14-24

63-79

1-6

760

 

Erdnussöl

13-18

48-66

25-43

0,3

113

 

Hanföl

9

11

57

17-25

2,53

 

Heringsöl

20

15

2,4

1

2,4

 

Kokosnussöl

80

5-7

2,5

 

 

 

Kürbiskernöl

21

21-46

36-60

0,1

108

 

Leinöl

19

18-24

16-20

45-68

0,33

**

Nachtkerzenöl

8-9

8-12

70-80

0,1

7,5

 

Olivenöl

11-18

70

8-12

0,9

8,9

 

Palmkernöl

80-90

10-18

1-4

0,7

4,3

 

Palmöl

50

40

10

0,3

3,3

 

Rapsöl

5-6,6

15

20

10

2

Erucasäure![2]

Rinderfett

54

42

 

4

 

 

Schweineschmalz

43

49

 

8

 

 

Sesamöl

13

42

40

0,5

80

**

Sojaöl

5

23

51-53

2-11

4,37

 

Sonnenblumenöl

13-15

13-40

48-74

0,5

130

**

Traubenkernöl

18

15-25

63-72

0,24

281

 

Walnussöl

5-10

14-30

47-83

3-16

6,8

**

Weizenkeimöl

18

20

52

10

5,2

**

)** Diese Öle sind besonders wertvoll, weil sie die Radikalenfänger Tocopherol und Tocotreinol, d.h. Vitamin E-wirksame Verbindungen enthalten

Von Hans Heinrich Rhyner, gilt als einer der führenden und international anerkannten Ayurveda Experten

Er ist europäischer Ayurveda-Pionier der ersten Stunde, sowohl im Ursprungsland Indien wie in Europa. Ihm geht es um die Anpassung und Integration der klassischen Ayurveda mit ihrem spirituellen und ganzheitlichen Verständnis im Westen. Er lebte über 20 Jahre in Indien, wo er seine Studien mit dem Doktorat in Alternativmedizin und in Philosophie abschloss. Seit 1992 ordiniert er in seiner Schweizer Praxis für Ayurveda Medizin im Kanton Appenzell in der Schweiz. In seiner Ayurveda Hausapotheke sind über 60 ayurvedische Heilmittel im Kanton von der Gesundheitsbehörde registriert und zugelassen.

[1] Quelle Prof. Dr. Hermann J. Roth in DAZ online - Deutsche Apotheker Zeitung 02.09.2010 und nach Wolfram G. 1989 Bedeutung der Omega-3-Fettsäuren in der Ernährung der Menschen. Ernährungsumschau 36, 319.

[2] Da Erucasäure ernährungstechnisch problematisch ist (pathologische Veränderung des Herzmuskels, Herzverfettung und Verursachung von Wachstumsverzögerungen im Tierversuch), konnte Raps früher nicht zur Herstellung von Speiseöl verwendet werden. Erst die Züchtung von erucasäurearmen (0,1 bis 1,5 %) Rapssorten, dem sogenannten 0-Raps, machte dies möglich. Im Senföl, das in Indien bis heute verwendet wird, ist die Säure ebenfalls enthalten; dort scheint der Verzehr nicht mit negativen Auswirkungen auf die Gesundheit verbunden zu sein. Allerdings gibt es mittlerweile erucasäurearme Senfsorten mit einem Erucasäureanteil von 1,1 %, die als Lebensmittel unbedenklich sind. Quelle WIKIPEDIA

 


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